Aufsatz, basierend auf dem interdisziplinären Gesprächskreis "Kunst und Technik" an der TU Hamburg, 2002
In: Kunst und Technik. Hrsg. von Margarete Jarchow, Hamburg 2005
Der gesamte Text als PDF-Dokument
(ca. 270 KB)
Einleitung: Kunst, Wissenschaft und Technik scheinen heute gleichermaßen in einer tiefen Krise zu stecken.
Die Kunst ist eine überaus elitäre Angelegenheit geworden, die nur noch von einer kleinen Anzahl von Kennern zur
Kenntnis genommen wird, da eine verstehende Beschäftigung mit gegenwärtigen Kunstwerken ein enormes Maß an
mühsam zu erwerbendem Vorwissen erfordert. Man denke nur an Arbeiten bspw. von On Kawara, Hanne Darboven
oder Maria Eichhorn. Zugleich werden im Rahmen des panischen Post-PISA-Aktivismus die künstlerisch-musischen
Fächer an den öffentlichen Schulen immer mehr ins Abseits gedrängt - ungeachtet positiver Modellversuche, die
nachdrücklich belegen, dass bspw. die praktische Beschäftigung mit Musik neben den allgemeinen Intelligenzleistungen
auch die sozialen Fähigkeiten signifikant verbessert.
Die Wissenschaften dagegen, insbesondere die Naturwissenschaften im Verbund mit der Technik, werden dagegen immer
wirkmächtiger, was von vielen Menschen indes nicht immer nur als Segen, sondern oftmals auch als Bedrohung empfunden wird.
Man denke nur an die öffentlichen Diskussionen um die Atomtechnik, um den praktischen Einsatz der Gentechnik in der
Landwirtschaft oder in der Medizin oder um die Stammzellenforschung. Parallel zu der exponentiell ansteigenden Akkumulation von
Wissen scheint für viele mit der nüchternen Weltsicht der Wissenschaften etwas verloren zu gehen: Allerorten wird der
Sinn- und Werteverlust unserer Gesellschaft beklagt.
Die Technik schließlich hat mit Macht Einzug in unseren Alltag gehalten. Eine Welt ohne Autos, Fernsehen, Handys,
Computer und Internet ist kaum noch vorstellbar und bestenfalls im zeitlich genau umgrenzten Urlaub zu ertragen. Gleichzeitig
sind mittlerweile die negativen Auswirkungen dieser Entwicklung uns allen bewusst: Um nur einige Stichworte zu nennen, seien
Waldsterben, Elektrosmog, Klimaveränderung, Ozonloch und Müllberge genannt.
Besteht nun ein innerer Zusammenhang zwischen den hier beschriebenen Entwicklungstendenzen oder handelt es sich um eine
schlichte Koinzidenz? Die folgende Untersuchung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Weltbezüge von Kunst, Wissenschaft
und Technik soll Ansätze für eine Beantwortung dieser Frage liefern. Dabei kann es nicht darum gehen, eine Seite bspw.
die Kunst mystisch zu überhöhen und die anderen pauschal zu verurteilen. Das Hauptaugenmerk wird allerdings auf die
Kunst gerichtet sein.